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Zitate: PsychologieEros, der schönste der unsterblichen Götter, der Glieder lösende, der allen Göttern und Menschen den Sinn in der Brust überwältigt und ihr besonnenes Denken. Was ist Koketterie? Man könnte vielleicht sagen, es sei ein Verhalten, in dem man dem anderen zu verstehen gibt, dass eine sexuelle Annäherung möglich ist, ohne dass man diese Möglichkeit als sicher erscheinen lässt. Mit anderen Worten: Koketterie ist ein Versprechen zum Koitus, aber ein Versprechen ohne Gewähr. Es gibt nichts Schwereres als das Mitgefühl. Selbst der eigene Schmerz ist nicht so schwer wie der Schmerz, den man mit einem anderen, für einen anderen, an Stelle eines anderen fühlt, der sich durch die Vorstellungskraft vervielfältigt, sich in hundertfachem Echo verlängert. Projektion ist das Verfolgen eigener Wünsche in anderen. Ein Abwehrmechanismus zur Bewältigung der Negativanteile der eigenen Persönlichkeit. Niemand ist so furchtsam, dass er lieber immerfort baumeln, als einmal fallen möchte. Nur dort, wo das moralische Gefühl vergleichsweise schwach entwickelt ist, vermischt sich eine Regel oder Theorie gewohnheitsmäßig mit seinem Handeln. Je leidenschaftlicher der Gedanke gegen sein Bedingtsein sich abdichtet um des Unbedingten willen, umso bewusstloser, und damit verhängnisvoller, fällt er der Welt zu. Du magst die Natur mit der Heugabel vertreiben - sie kehrt dennoch zurück. Wir gehen nicht, man schiebt uns fort, wie Sachen, welche schwimmen, je nachdem das Wasser heftig fließt oder ruhig. Die Seele ist eine gewisse vernunftbegabte Substanz, die dazu da ist, den Leib zu beherrschen. Wenn ein hypochondrischer Wind in den Eingeweiden tobet, so kommt es darauf an, welche Richtung er nimmt; geht er abwärts, so wird daraus ein F-, steigt er aber aufwärts, so ist es eine Erscheinung oder eine heilige Eingebung. Nehmen wir sodann das bedeutende Wort vor: Erkenne dich selbst, so müssen wir es nicht im asketischen Sinne auslegen. (…) Gib einigermaßen acht auf dich selbst, nimm Notiz von dir selbst, damit du gewahr werdest, wie du zu deinesgleichen und der Welt zu stehen kommst. Hierzu bedarf es keiner psychologischen Quälereien; jeder tüchtige Mensch weiß und erfährt, was es heißen soll; es ist ein guter Rat, der einem jeden praktisch zum größten Vorteil gedeiht. Das Höchste, wozu der Mensch gelangen kann, ist das Bewusstsein eigner Gesinnungen und Gedanken, das Erkennen seiner selbst, welches ihm die Einleitung gibt, auch fremde Gemütsarten innig zu erkennen. Nun gibt es Menschen, die mit einer natürlichen Anlage hierzu geboren sind und solche durch Erfahrung zu praktischen Zwecken ausbilden. Hieraus entsteht die Fähigkeit, der Welt und den Geschäften im höheren Sinn etwas abzugewinnen. Mit jener Anlage nun wird auch der Dichter geboren, nur dass er sie nicht zu unmittelbaren, irdischen Zwecken, sondern zu einem höhern, geistigen, allgemeinen Zweck ausbildet. Überall lernt man nur von dem, den man liebt. Alles Behagen am Leben ist auf eine regelmäßige Wiederkehr der äußeren Dinge gegründet. Der Wechsel von Tag und Nacht, der Jahreszeiten, der Blüten und Früchte, und was uns sonst von Epoche zu Epoche entgegentritt, damit wir es genießen können und sollen, diese sind die eigentlichen Triebfedern des irdischen Lebens. Je offener wir für diese Genüsse sind, desto glücklicher fühlen wir uns; wälzt sich aber die Verschiedenheit dieser Erscheinungen vor uns auf und nieder, ohne dass wir daran teilnehmen, sind wir gegen so holde Anerbietungen unempfänglich: dann tritt das größte Übel, die schwerste Krankheit ein, man betrachtet das Leben als eine ekelhafte Last. Von einem Engländer wird erzählt, er habe sich aufgehangen, um nicht mehr täglich sich an- und auszuziehen. (...) Dieses sind eigentlich die Symptome des Lebensüberdrusses, der nicht selten in den Selbstmord ausläuft, und bei denkenden in sich gekehrten Menschen häufiger war, als man glauben kann. ... wie spät lernen wir einsehen, dass wir, indem wir unsere Tugenden ausbilden, unsere Fehler zugleich mit anbauen. ... als wenn sich jemand ohne Selbstgefühl und Selbstgefälligkeit andern mitteilen möchte und könnte! ... es ist keine Neigung, keine Gewohnheit so stark, dass sie gegen die Missreden vorzüglicher Menschen, in die man Vertrauen setzt, auf die Länge sich erhalten könnte. Immer bleibt etwas hängen, und wenn man nicht unbedingt lieben darf, sieht es mit der Liebe schon misslich aus. Ein Mensch, der nicht geschunden wird, wird nicht erzogen. Die Quelle kann nur gedacht werden, insofern sie fließt. Die Gegenwart einer jeden Würde weist den andern auf sich selbst zurück. Leider ist es im Diätetischen wie im Moralischen: wir können einen Fehler nicht eher einsehen, als bis wir ihn los sind; wobei denn nichts gewonnen wird, weil der nächste Fehler dem vorhergehenden nicht ähnlich sieht und also unter derselben Form nicht erkannt werden kann. Es ist schon längst mit Grund und Bedeutung ausgesprochen: auf dem Gipfel der Zustände hält man sich nicht lange. Die falsche Tendenz ist nicht produktiv, und wenn sie es ist, so ist das Hervorgebrachte von keinem Wert. Dieses an andern gewahr zu werden ist nicht so gar schwer, aber an sich selber, ist ein eigenes Ding und will eine große Freiheit des Geistes. Wir können nur Dinge denken, die entweder beschränkt sind, oder die sich unsere Seele beschränkt. Wir haben also insofern einen Begriff vom Unendlichen, als wir uns denken können, dass es eine vollständige Existenz gebe, welche außer der Fassungskraft eines beschränkten Geistes ist. (...) Aber so sind die Leute. Sie wollen wohl das Talent, welches doch an und für sich eine Sonderbarkeit ist. Aber die Sonderbarkeiten, die sonst noch damit verbunden - und vielleicht notwendig damit verbunden - sind, die wollen sie durchaus nicht und verweigern ihnen jedes Verständnis. Unsere Fähigkeit zum Ekel ist, wie ich anmerken möchte, desto größer, je lebhafter unsere Begierde ist, das heißt: je inbrünstiger wir eigentlich des Welt und ihren Darbietungen anhangen. Eine kühle und lieblose Natur wird niemals vom Ekel geschüttelt werden können ... "Bordelle werden aus den Steinen der Religion gebaut." In Wirklichkeit aber ist kein Ich, auch nicht das naivste, eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein kleiner Sternenhimmel, ein Chaos von Formen, von Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten. Dass jeder einzelne dies Chaos für eine Einheit anzusehen bestrebt ist und von seinem Ich redet, als sei dies eine einfache, fest geformte, klar umrissene Erscheinung: diese, jedem Menschen (auch dem höchsten) geläufige Täuschung scheint eine Notwendigkeit zu sein, eine Forderung des Lebens wie Atemholen und Essen. ... man hat wohl Beispiele, dass oft gewisse Phantasmata dem Menschen vorkommen und ihn ordentlich ängstigen und quälen können, das ist aber körperliche Krankheit, und es helfen Blutigel, die man, salva venia, dem Hintern appliziert, wie ein berühmter, bereits verstorbener Gelehrter bewiesen. Das Missverhältnis des innern Gemüts mit dem äußern Leben, welches der reizbare Mensch fühlt, treibt ihn wohl zu besonderen Grimassen, die die ruhigen Gesichter, über die der Schmerz so wenig Gewalt hat als die Lust, nicht begreifen können, sondern sich nur darüber ärgern. Sogar von den Weisen wird die Ruhmsucht zuallerletzt abgelegt. Nach meiner Erfahrung zeichnet sich der Egoist, wenigstens der wirklich böse und verderbliche Egoist, keineswegs dadurch aus, dass er viel von sich selber spricht oder dass er überhaupt viel spricht. Die schlimmsten Exemplare des egoistischen Typs sind stumm und aufmerksam und warten ab, bis sie etwas sagen können, was (wie sie glauben, und wie vielleicht auch andere glauben) niemand außer ihnen hätte sagen können. Aber selbst wenn sie sehr weitschweifig reden, sprechen sie nicht im üblichen Sinne über sich. Weit häufiger reden sie über eine große Anzahl verschiedener Dinge, um zu zeigen, wie klug, wie kultiviert sie sind. Vor allem kann man den wahren Egoisten im allgemeinen an folgendem diabolischem Merkmal erkennen: er ist nicht nur abgeneigt, über ein Thema, sondern über irgendeine Seite eines Themas zu reden. Er besitzt keinen Glauben, keine Rechtsauffassung, keine Wahrheitserkenntnis, die er für so wichtig hält wie seine eigene Person. Er ist bereit, wie ein Türke zu reden, um zu zeigen, dass er in der Türkei gereist sei; er ist bereit, wie ein Buddhist zu reden, um zu zeigen, dass er den Buddhismus studiert hat; aber er wird sich nicht soweit vergessen, um für die Türken zu kämpfen, er wird sich nicht dem Buddhismus opfern, wie sich ein Christ für das Christentum opfert. Auf all seinen vielfachen Reisen hat er sämtliche Wunder entdeckt, nur nicht das eine größte Wunder, dass etwas größer sein könne als er selber. Müßiggänger (...) pflegen vortrefflich zu beobachten. Da sie zum Handeln nie kommen, bleiben in ihrem Kopf die Beobachtungen wie ein unverwerteter Schatz. Daher werden sie oft zu unvergleichlichen Handlangern der Polizei. Philister also wurden alle genannt, die keine Studenten waren, und nehmen wir das Wort Student im weitern Sinne eines Studierenden, eines Erkenntnisbegierigen, eines Menschen, der das Haus seines Lebens noch nicht wie eine Schnecke, welche die wahren Hausphilister sind, zugeklebt, eines Menschen, der in der Erforschung des Ewigen, der Wissenschaft oder Gottes, begriffen, der alle Strahlen des Lichtes in seiner Seele freudig spiegeln lässt, eines Anbetenden der Idee, so stehen die Philister ihm gegenüber, und alle sind Philister, welche keine Studenten in diesem weitern Sinn des Wortes sind. Wer früh in schlechter, unbedeutender Gesellschaft gelebt hat, wird sich, wenn er auch später eine bessere haben kann, immer nach jener zurücksehnen, deren Eindruck ihm zugleich mit der Erinnerung jugendlicher, nur selten zu wiederholender Freuden geblieben ist. Treib die Natur mit der Heugabel aus, sie kehrt doch wieder. Das Gesetz der Sünde, das ist die Macht der Gewohnheit, die den Geist auch gegen seinen Willen festhält und fortreißt, verdientermaßen, denn mit Willen ist er ihrer Macht verfallen. Zum Teil wollen und zum Teil nicht wollen ist aber kein unbegreiflicher Sachverhalt, sondern eine Krankheit des Geistes, der sich nicht völlig erhebt, weil ihn, während ihn die Wahrheit unterstützt, die Gewohnheit herabzieht. Und daher sind es zwei Willen, und keiner ist ganz, sondern der eine besitzt, was dem anderen fehlt. Und weil es mir überaus peinlich war, dass derlei Menschliches, was doch nach der gegebenen Ordnung und dem Lose unseres Geschlechts nicht ausbleiben kann, so viel über mich vermochte, so bekümmerte mich auch noch mein Kummer und war ich von zwiefacher Traurigkeit heimgesucht. Ich will hinausgehen über die Kraft, mit der meine Seele an dem Körper haftet und sein Gefüge erfüllt und beweglich macht. Wehe über das Unglück der Welt, zweifach und dreifach wehe; denn das Verlangen nach Glück ist unausrottbar, das Unglück selbst hart zu tragen, und wie leicht zerbricht die Geduld! Ist also nicht ‚eine Versuchung das menschliche Leben auf der Erde‘, darin es keinen Stillstand gibt? Ein Mensch, der selber keine guten Eigenschaften besitzt, beneidet stets die Tugenden anderer, denn das menschliche Herz weidet sich gern an den eigenen Vorzügen oder an der Schlechtigkeit der andern; und wer daher das eine entbehrt, muss sich an das andere halten, und wer nicht hoffen kann, es andern an Tugend gleichzutun, strebt danach, ihnen gleich zu werden, indem er sie von ihrer Höhe herabzureißen trachtet. ... das meiste bewusste Denken eines Philosophen ist durch seine Instinkte heimlich geführt und in bestimmte Bahnen gezwungen. Auch hinter aller Logik und ihrer anscheinenden Selbstherrlichkeit der Bewegung stehen Wertschätzungen, deutlicher gesprochen, physiologische Forderungen zur Erhaltung einer bestimmten Art von Leben. Der "unfreie Wille" ist Mythologie: im wirklichen Leben handelt es sich nur um starken und schwachen Willen. Alles, was tief ist, liebt die Maske. Vielleicht ist sogar nichts furchtbarer und unheimlicher an der ganzen Vorgeschichte des Menschen, als seine Mnemotechnik. Man brennt etwas ein, damit es im Gedächtnis bleibt: nur was nicht aufhört, wehzutun, bleibt im Gedächtnis - das ist ein Hauptsatz aus der allerältesten (leider auch allerlängsten) Psychologie auf Erden. Was eigentlich gegen das Leiden empört, ist nicht das Leiden an sich, sondern das Sinnlose des Leidens. Ich nehme das schlechte Gewissen als die tiefe Erkrankung, welcher der Mensch unter dem Druck jener gründlichsten aller Veränderungen verfallen musste, die er überhaupt erlebt hat - jener Veränderung, als er sich endgültig in den Bann der Gesellschaft und des Friedens eingeschlossen fand. Nicht eure Sünde - eure Genügsamkeit schreit gen Himmel, euer Geiz selbst in eurer Sünde schreit gen Himmel. Ihr alle, denen die wilde Arbeit lieb ist und das Schnelle, Neue, Fremde - ihr ertragt euch schlecht, euer Fleiß ist Fluch und Wille, sich selber zu vergessen. Das unablässige Schaffenwollen ist gemein und zeigt Eifersucht, Neid, Ehrgeiz an. Wenn man etwas ist, so braucht man eigentlich nichts zu machen - und tut doch sehr viel. Es gibt über dem "produktiven" Menschen noch eine höhere Gattung. Den Tätigen fehlt gewöhnlich die höhere Tätigkeit: ich meine die individuelle. Sie sind als Beamte, Kaufleute, Gelehrte, das heißt als Gattungswesen tätig, aber nicht als ganz bestimmte und einzelne Menschen; in dieser Hinsicht sind sie faul. - Es ist das Unglück der Tätigen, dass ihre Tätigkeit fast immer ein wenig unvernünftig ist. Man darf zum Beispiel bei dem geldsammelnden Bankier nach dem Zweck seiner rastlosen Tätigkeit nicht fragen: sie ist unvernünftig. Die Tätigen rollen, wie der Stein rollt, gemäß der Dummheit der Mechanik. - Alle Menschen zerfallen, wie zu allen Zeiten so auch jetzt noch, in Sklaven und Freie; denn wer von seinem Tage nicht zwei Drittel für sich hat, ist ein Sklave, er sei übrigens wer er wolle: Staatsmann, Kaufmann, Beamter, Gelehrter. Von der Keuschheit Freiheit von Fieber ist lange noch nicht Erkenntnis! Ausgekälteten Geistern glaube ich nicht. Wer nicht lügen kann, weiß nicht, was Wahrheit ist. Wenn einer sehr lange und hartnäckig scheinen will, so wird es ihm zuletzt schwer, etwas anderes zu sein. Der Beruf fast jedes Menschen, sogar des Künstlers, beginnt mit Heuchelei, mit einem Nachmachen von außen her, mit einem Kopieren des Wirkungsvollen. Der, welcher immer die Maske freundlicher Mienen trägt, muss zuletzt eine Gewalt über wohlwollende Stimmungen bekommen, ohne welche der Ausdruck der Freundlichkeit nicht zu erzwingen ist, - und zuletzt wieder bekommen diese über ihn Gewalt, er ist wohlwollend. Gibt es tatsächlich einen Sterblichen unter uns, der seine Zufriedenheit wachsen fühlte, wenn er die Gelegenheit hätte, das Bild, das er sich selbst von seinen Taten macht, mit dem Bild zu vergleichen, das sie auf der Netzhaut unserer Mitmenschen hinterlassen? Wir sind arme Tröpfe, die sich mit eingebildeten Luftschlössern Mut zusprechen: Wehe uns, wenn wir einige Male gekniffen werden und unsere windige Selbstzufriedenheit entweicht! Sogar die Fähigkeit, Gutes zu tun, würde uns verlassen. (…) Das ist ein weites und tiefes Wort, dass kein Wunder ohne Glauben vollbracht werden kann - ohne den Glauben des Vollbringers an sich selbst, so gut wie den Glauben des Betrachters an ihn. Und der größere Teil des Glaubens an sich selbst setzt sich aus dem Glauben zusammen, den die anderen uns schenken. Die Sentimentalität ist ein Produkt des Materialismus. Der Materialist trägt nämlich in der Seele das dämmernde Bewusstsein, dass dennoch in der Welt nicht alles Materie ist. (…) Sentimentalität ist die Verzweiflung der Materie, die sich selber nicht genügt und nach etwas Besserem ins unbestimmte Gefühl hinausschwärmt. Auch die Lust muss ein Gut sein, denn alle Lebewesen streben von Natur aus nach ihr. |